Pflegegrad Höherstufung: Tipps und Tricks für einen erfolgreichen Antrag

Isabell Jungesblut
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Pflegegrad Höherstufung: Tipps und Tricks für einen erfolgreichen Antrag

Isabell Jungesblut
Unter einer Höherstufung des Pflegegrads versteht man die Anhebung des bereits bestehenden Pflegegrades einer pflegebedürftigen Person. Eine Höherstufung wird notwendig, wenn sich der Gesundheitszustand der pflegebedürftigen Person verschlechtert und der bisherige Pflegegrad den tatsächlichen Pflegebedarf nicht mehr abdeckt. In solchen Fällen haben Pflegebedürftige und ihre Angehörigen das Recht, einen Antrag auf eine Pflegegrad Höherstufung zu stellen. Der Antrag zur Höherstufung wird bei der zuständigen Pflegekasse gestellt, die dann den Medizinischen Dienst oder bei Privatversicherten Medicproof beauftragt, eine erneute Begutachtung durchzuführen. Im Anschluss entscheidet die Pflegekasse auf Grundlage des Gutachtens, ob eine Höherstufung des Pflegegrades gerechtfertigt ist.

Höherstufung Pflegegrad: Ab wann sinnvoll?

Eine Höherstufung des Pflegegrades ist sinnvoll, wenn die bisherige Hilfe, die Sie leisten, nicht mehr ausreicht, um die pflegebedürftige Person richtig zu unterstützen. Das passiert oft, wenn sich der Zustand der Person verschlechtert und sie mehr Unterstützung im Alltag benötigt. Zum Beispiel, wenn die pflegebedürftige Person bisher nur bei der Körperpflege Hilfe brauchte, jetzt aber auch Unterstützung beim Essen, Gehen und bei der Medikamentengabe benötigt. Dann reicht der bisherige Pflegegrad nicht mehr aus, und es ist sinnvoll, eine Höherstufung zu beantragen.Leider bemerken pflegebedürftige Personen und ihre Angehörigen jedoch erst sehr spät, dass der aktuelle Pflegegrad nicht mehr ausreicht. Denn häufig schleichen sich die Veränderungen im Gesundheitszustand allmählich ein und der steigende Pflegebedarf wird zunächst unterschätzt. Doch anhand einiger typischer Anzeichen können Sie rechtzeitig erkennen, wann eine Höherstufung des Pflegegrades sinnvoll sein könnte:

  • Zunehmende Schwierigkeiten bei alltäglichen Aktivitäten, wie der Körperpflege, dem An- und Auskleiden oder der Nahrungsaufnahme
  • Eine deutliche Zunahme der Hilfs- und Betreuungszeiten, weil die Pflegebedürftigkeit gestiegen ist
  • Neue gesundheitliche Einschränkungen oder Verschlimmerungen bestehender Erkrankungen
  • Veränderungen im Verhalten, wie etwa zunehmende Vergesslichkeit oder Desorientierung

Höherstufung: Zwei Hilfen zur Einschätzung

Wenn Sie unsicher sind, ob der aktuelle Pflegegrad noch passend ist, haben Sie zwei Möglichkeiten, besser einzuschätzen, ob ein Höherstufungsantrag sinnvoll ist. Zum einen ein Pflegegradrechner und zum anderen ein Pflegetagebuch. Ein Pflegegradrechner kann Ihnen eine hilfreiche Orientierung bieten. Damit können Sie den Pflegebedarf schnell und einfach selbst einschätzen. Der Rechner berücksichtigt die sechs Module des Begutachtungsverfahrens und ermittelt basierend auf Ihren Angaben einen möglichen Pflegegrad. Weicht dieser vom bestehenden Pflegegrad ab, kann ein Antrag auf eine Höherstufung durchaus sinnvoll sein.
Graphik zur Begutachtungsinstrument des Medizinischen Diensts
Ebenso hilfreich, um zu erkennen, ob eine Höherstufung des Pflegegrades sinnvoll ist, kann auch ein Pflegetagebuch sein. In einem Pflegetagebuch wird der tägliche Pflegeaufwand detailliert festgehalten. Dabei wird dokumentiert, wie oft und wie lange die pflegebedürftige Person Unterstützung in verschiedenen Bereichen benötigt – beispielsweise bei der Körperpflege, beim Essen, der Mobilität oder der Medikamenteneinnahme. Durch die kontinuierliche Dokumentation erhalten Sie einen genauen Überblick über den tatsächlichen Pflegebedarf. Im Laufe der Zeit wird deutlich, ob sich der Zustand der pflegebedürftigen Person verschlechtert hat und der Pflegeaufwand gestiegen ist. Das Pflegetagebuch kann auch ein hilfreicher Begleiter für die anstehende Begutachtung sein. 
Wenn Sie typische Anzeichen erkennen, die auf eine Höherstufung hindeuten – sei es durch Veränderungen im Gesundheitszustand oder durch zunehmende Schwierigkeiten im Alltag – sollten Sie handeln. Ebenso, wenn der Pflegegradrechner einen höheren Pflegegrad ermittelt und Sie anhand des Pflegetagebuchs sehen, dass der Bedarf tatsächlich größer geworden ist. Diese Hinweise können ein Signal sein, dass der aktuelle Pflegegrad nicht mehr ausreicht und ein Höherstufungsantrag notwendig ist.

Antrag Höherstufung: Höherstufungsantrag bei Barmer, DAK, AOK & Co.

Um eine Höherstufung des Pflegegrades zu beantragen, müssen Sie einen Antrag bei der zuständigen Pflegekasse stellen – sei es Barmer, DAK, AOK oder eine andere. Dieser Antrag kann formlos erfolgen, zum Beispiel telefonisch, per Fax oder schriftlich per Brief. Hierfür können Sie ein Pflegegrad Höherstufungsmuster aus dem Internet nutzen, das Ihnen dabei hilft, alle wichtigen Informationen in einem formlosen Antrag zu berücksichtigen.

Viele Pflegekassen bieten jedoch auch offizielle Antragsformulare auf ihren Websites oder in ihren Apps an. Diese Formulare sind standardisiert und enthalten bereits die relevanten Felder und Fragen, die ausgefüllt werden müssen. Die Verwendung dieser Antragsformulare ist besonders hilfreich, da sie den Prozess für die Pflegekasse vereinfachen und sicherstellen, dass alle notwendigen Angaben gemacht werden.

Die Vorbereitung auf die Begutachtung: Das sollten Sie bei einer Höherstufung beachten

Eine Höherstufung des Pflegegrades ist ein wichtiger Schritt, um sicherzustellen, dass pflegebedürftige Personen die Unterstützung erhalten, die Sie und Ihre Angehörigen  benötigen. Nachdem der Antrag auf Höherstufung bei der Pflegekasse bereits gestellt wurde und die Begutachtung bevorsteht, ist es wichtig, sich gut darauf vorzubereiten. Denn eine gute Vorbereitung ist das A & O. Diese drei Tipps helfen Ihnen dabei:

1. Sammeln Sie relevante Unterlagen

Sammeln Sie alle relevanten Unterlagen, wie Arztberichte, einen aktuellen Medikamentenplan, Pflegedokumentationen oder Bescheinigungen von Therapeuten. Diese Informationen sind wertvolle Belege für den gestiegenen Pflegebedarf und helfen bei der Einschätzung des neuen Pflegegrades. 

2. Führen Sie ein Pflegetagebuch

Ein Pflegetagebuch ist nicht nur ein entscheidendes Hilfsmittel, um den tatsächlichen Pflegeaufwand über einen längeren Zeitraum zu dokumentieren und so zu erkennen, ob eine Höherstufung sinnvoll ist, sondern auch, um sich auf die Begutachtung gut vorzubereiten. Notieren Sie täglich die einzelnen Pflegehandlungen, wie Körperpflege, Nahrungsaufnahme, Mobilitätshilfen und Medikamentengabe, sowie die dafür benötigte Zeit. Detaillierte und aktuelle Aufzeichnungen sind für die Begutachtung durch den Medizinischen Dienst äußerst wichtig und unterstützen Ihren Antrag auf Höherstufung.

3. Nutzen Sie den Pflegegradrechner

Pflegegradrechner am Handy
Ein Pflegegradrechner unterstützt nicht nur dabei, den Bedarf für eine Höherstufung abzuschätzen, sondern hilft auch, sich gezielt auf die Begutachtung vorzubereiten. Er basiert auf den Modulen und Fragen, die auch der Gutachter oder die Gutachterin verwendet, und anhand dessen der Pflegegrad ermittelt wird. So können Sie sich besser auf das Gespräch vorbereiten und wissen, welche Aspekte in der Bewertung berücksichtigt werden.

4. Nehmen Sie Beratungs- und Unterstützungsangebote in Anspruch 

Nutzen Sie die kostenlosen Pflegeberatungsangebote und kontaktieren Sie lokale Pflegestützpunkte für zusätzliche Unterstützung. Darüber hinaus kann es hilfreich sein, die Dienste eines professionellen Pflegeberaters in Anspruch zu nehmen, um eine umfassende Beratung und Begleitung zu erhalten. Auch der Austausch in Selbsthilfegruppen bietet zudem die Möglichkeit, von den Erfahrungen anderer Betroffener zu profitieren und hilfreiche Tipps zu erhalten.

Was passiert nach einem Höherstufungsantrag? 

Bereiten Sie sich auf den Gutachterbesuch vor

Nach Eingang des Antrags bei der Pflegekasse wird ein Gutachter des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung bei gesetzlich Versicherten oder, bei Privatversicherten, von Medicproof beauftragt, eine Begutachtung durchzuführen. In der Regel findet die Begutachtung in der Häuslichkeit statt. Es ist jedoch auch möglich, dass eine Begutachtung nach Aktenlage oder eine telefonische Begutachtung stattfindet. Wie im oberen Abschnitt erklärt, sollten Sie sich sorgfältig auf die Begutachtung vorbereiten.

Begutachtung durchführen 

Bei der Begutachtung ist es sinnvoll, dass auch pflegende Angehörige oder vertraute Personen anwesend sind. Sie können den tatsächlichen Pflegebedarf erläutern und die pflegebedürftige Person unterstützen, wenn diese sich nicht selbst erklären kann. So erhält der Gutachter ein realistisches Bild der Pflegesituation, was zu einer fairen Einstufung führen kann. Es ist wichtig, den Pflegealltag ehrlich zu schildern und ausreichend Zeit für die Begutachtung einzuplanen. Auch wenn es verständlich ist, die Situation manchmal positiver darstellen zu wollen, ist bei der Begutachtung Ehrlichkeit entscheidend. Zeigen Sie die tatsächlichen Herausforderungen und den Umfang der täglichen Unterstützung. Nur so kann der Gutachter eine angemessene Einstufung des Pflegegrades vornehmen.
Medizinischer Dienst bei der Begutachtung zuhause

Bescheid abwarten

Nach der Begutachtung heißt es, auf den Bescheid der Pflegekasse zu warten. Übrigens muss die Pflegekasse nach insgesamt maximal 25 Arbeitstagen nach Antragseingang eine Entscheidung treffen, ob und in welchen Pflegegrad der Betroffene einzustufen ist. In diesem Bescheid teilt Ihnen die Pflegekasse mit, ob und in welchem Umfang der Pflegegrad angepasst wird. Der Bescheid basiert auf dem Gutachten des Medizinischen Dienstes, in dem der individuelle Pflegebedarf der pflegebedürftigen Person eingeschätzt wurde.
Sollte der Bescheid nicht den gewünschten Pflegegrad enthalten und nicht den tatsächlichen Pflegeaufwand widerspiegeln, haben Sie die Möglichkeit, Widerspruch einzulegen. Prüfen Sie das Gutachten genau und ziehen Sie, wenn nötig, erneut das Pflegetagebuch oder ärztliche Unterlagen heran, um Ihre Argumente für einen höheren Pflegegrad zu untermauern.

Und denken Sie daran: Auch nach einer erfolgreichen Höherstufung des Pflegegrades ist es wichtig, den Pflegebedarf regelmäßig zu überprüfen. Der Gesundheitszustand kann sich im Laufe der Zeit weiter verändern, weshalb es wichtig ist, jederzeit einen Blick darauf zu haben, ob der aktuelle Pflegegrad den tatsächlichen Pflegebedarf abdeckt - sei es mittels eines Pflegegradrechners oder eines Tagebuchs. 

Fazit: Mehr Leistungen durch rechtzeitigen Höherstufungsantrag sichern

Ein Pflegegrad Höherstufungsantrag ist ein wichtiger Schritt, um sicherzustellen, dass pflegebedürftige Personen und deren Pflegepersonen die Unterstützung und Leistungen erhalten, die sie wirklich benötigen. Da sich der Gesundheitszustand oft schleichend verschlechtert, wird der erhöhte Pflegebedarf leicht übersehen oder unterschätzt. Deshalb ist es entscheidend, den Pflegebedarf regelmäßig zu überprüfen und nicht zu zögern, einen Antrag auf Höherstufung zu stellen. Je früher Sie den Antrag einreichen, desto schneller können zusätzliche Leistungen in Anspruch genommen werden, die eine wichtige Entlastung im Pflegealltag darstellen - nicht nur für die pflegebedürftige Person, sondern auch für Sie als Pflegeperson.


💜-liche Grüße 

Pflegegrad Höherstufung: Häufig gestellte Fragen

Wann ist eine Höherstufung des Pflegegrads sinnvoll?

Eine Höherstufung ist sinnvoll, wenn der aktuelle Pflegegrad nicht mehr dem tatsächlichen Pflegebedarf entspricht. Das ist oft der Fall, wenn sich der Gesundheitszustand der pflegebedürftigen Person verschlechtert hat und mehr Unterstützung im Alltag benötigt wird. 

Wie stelle ich einen Antrag auf Höherstufung?

Der Antrag auf Höherstufung wird bei der zuständigen Pflegekasse gestellt, entweder formlos per Telefon, Brief oder Fax oder mithilfe der Antragsformulare, die viele Pflegekassen online oder in ihren Apps anbieten. Mustervorlagen aus dem Internet können dabei helfen, alle wichtigen Informationen korrekt anzugeben.

Welche Unterlagen sind für den Höherstufungsantrag wichtig?

Für den Antrag sollten Sie alle relevanten Unterlagen sammeln, die den gestiegenen Pflegebedarf belegen. Dazu gehören zum Beispiel Arztberichte, Therapieprotokolle, Krankenhausberichte und ein sorgfältig geführtes Pflegetagebuch, das den täglichen Pflegeaufwand dokumentiert.

Was passiert nach dem Antrag auf Höherstufung?

Nachdem der Antrag eingereicht wurde, beauftragt die Pflegekasse den Medizinischen Dienst mit einer Begutachtung. Ein Gutachter besucht die pflegebedürftige Person, um den aktuellen Pflegebedarf einzuschätzen. Auf Grundlage dieses Gutachtens entscheidet die Pflegekasse dann über eine mögliche Höherstufung.

Was kann ich tun, wenn der Höherstufungsantrag abgelehnt wird?

Wenn der Antrag abgelehnt wird oder nicht dem tatsächlichen Pflegebedarf entspricht, haben Sie das Recht, Widerspruch einzulegen. 
Zur Autorin

Isabell Jungesblut

EXAMINIERTE GESUNDHEITS- UND KRANKENPFLEGERIN
Als Expertin für Gesundheits- und Krankenpflege bringt Isabell Jungesblut umfangreiche Erfahrungen aus der Akutversorgung aber auch aus der vollstationären Langzeitversorgung mit. Hier im Pflege ABC teilt sie ihr umfangreiches Wissen mit Ihnen, um die Pflege für Sie zu erleichtern.
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