Präventive Pflege - Die wichtigsten Prophylaxen im Überblick

Isabell Jungesblut

Präventive Pflege - Die wichtigsten Prophylaxen im Überblick

Isabell Jungesblut
Sie als pflegende Angehörige übernehmen täglich eine Vielzahl von Aufgaben – sie organisieren die Versorgung, kümmern sich um die alltäglichen Bedürfnisse und leisten emotionale Unterstützung. Doch ein weiterer, oft unterschätzter Bereich ist die präventive Pflege. So wie wir es aus dem eigenen Leben kennen – durch Vorsorgeuntersuchungen oder eine gesunde Lebensweise – spielen auch in der Pflege die präventiven Maßnahmen eine entscheidende Rolle. 

Gerade pflegebedürftige Menschen haben ein erhöhtes Risiko für gesundheitliche Komplikationen. Bewegungsmangel, das zunehmende Alter oder bestimmte Erkrankungen können das Risiko für bestimmte Erkrankungen erhöhen. Prävention ist daher unverzichtbar, um beispielsweise Stürze, Druckgeschwüre oder Flüssigkeitsmangel zu vermeiden. Wer rechtzeitig vorbeugt, erhält die Gesundheit, bewahrt die Selbstständigkeit und erleichtert den Pflegealltag.

Präventive Pflege: Ziele von vorbeugenden Maßnahmen 

Vorbeugende Maßnahmen haben das Ziel, gesundheitliche Risiken frühzeitig zu erkennen und entgegenzuwirken. Sie tragen dazu bei, die körperliche Gesundheit zu stabilisieren, Erkrankungen zu vermeiden und Folgeschäden zu reduzieren. Gleichzeitig fördern sie die Selbstständigkeit der pflegebedürftigen Person, indem sie Mobilität und Eigenständigkeit so lange wie möglich erhalten.

Durch gezielte Prävention können Pflegebedürftige aktiver am Alltag teilnehmen, sich wohler fühlen und ihre Lebensqualität verbessern. Zudem entlasten vorbeugende Maßnahmen auch pflegende Angehörige, da sie gesundheitliche Probleme verringern und damit den Pflegeaufwand reduzieren. Darüber hinaus erleichtern vorbeugende Maßnahmen auch den Pflegealltag, indem sie die Notwendigkeit akuter medizinischer Eingriffe verringern und pflegende Angehörige entlasten.
Bewegung hilft dabei, auch im Alter mobil zu bleiben

Die wichtigsten Prophylaxen in der häuslichen Pflege

In der folgenden Übersicht finden Sie praktische Auflistung aller wichtigen Prophylaxen in der Pflege, der Risikofaktoren, die eine Prophylaxe
notwendig machen können, sowei Maßnahmen zur Prävention im häuslichen Umfeld.  


1. Sturzprophylaxe 
(Hinfallen, z. B. in der Wohnung)

Risikofaktoren, die eine Prophylaxe 
notwendig machen können:
  • Schlechtes Sehen
  • Schlechtes Hören
  • Schwindelattacken
  • Muskelschwäche
  • Inkontinenz
  • Ein vorangegangener Sturz
  • Wenig Bewegung

Vorbeugende Maßnahmen:
  • Stolperfallen aus dem Weg räumen
  • Für eine gute Beleuchtung sorgen
  • Hilfsmittel verwenden, z. B. einen Rollator
  • Festes Schuhwerk tragen
  • Haltegriffe anbringen


2. Soorprophylaxe 
(Infektion im Mund- und Rachenraum mit bestimmten Hefepilzen)

Risikofaktoren, die eine Prophylaxe notwendig machen können:
  • Immunschwäche
  • GeringeFlüssigkeitsaufnahme(=Mundtrockenheit)
  • Bestimmte Medikamente

Vorbeugende Maßnahmen:
  • Auf einen guten Sitz bei Zahnprothesen achten und gut reinigen
  • Weiche Zahnbürste verwenden
  • Zahnzwischenräume vorsichtig reinigen
  • Regelmäßig trinken 
  • Gut beobachten 
  • Immunsystem stärken



3. Parotitisprophylaxe 
(Entzündung der Ohrspeicheldrüse)

Risikofaktoren, die eine Prophylaxe notwendig machen können:

  • ReduzierteSpeichelproduktion (durch bestimmte Erkrankungen) 
  • Flüssigkeitsmangel durch eine zu geringe Flüssigkeitszufuhr

Vorbeugende Maßnahmen:
  • Gute Mundpflege
  • Regelmäßig trinken 
  • Kautätigkeit anregen 
  • Massieren der Ohrspeicheldrüsen


4. Dekubitusprophylaxe (Druckgeschwür)

Risikofaktoren, die eine Prophylaxe notwendig machen können:
  • Langes Liegen oder Sitzen ohne Bewegung 
  • Falten im Bettlaken oder der Kleidung 
  • Schlecht sitzende Kleidung
  • Scherkräfte durch ungünstiges Bewegen
  • höheres Alter
  • eingeschränkte Mobilität (Bettlägerigkeit)
  • Erkrankungen wie Diabetes mellitus, Schlaganfall oder Durchblutungsstörungen
  • Über- oder Untergewicht
  • Unzureichende Ernährung
  • Mangelnde Hygiene
  • Trockener und rissiger Hautzustand

Vorbeugende Maßnahmen:
  • Regelmäßige Lageveränderung – mehrmals täglich, je nach Risiko
  • Bettlaken regelmäßig prüfen 
  • Bequeme, gut sitzende Kleidung ohne störende Nähte oder Druckstellen wählen
  • Gute Hautbeobachtung 
  • Mobilisation
Bei der Dekubitusprophylaxe wird Druckgeschüren vorgebeugt

5. Obstipationsprophylaxe 
(Verstopfung)

Risikofaktoren, die eine Prophylaxe notwendig machen können:
  • Ballaststoffarme Ernährung
  • Geringe Flüssigkeitszufuhr
  • Mangelnde Bewegung
  • Sonstige Erkrankungen
  • Bestimmte Medikamente, zum Beispiel Betäubungsmittel

Vorbeugende Maßnahmen:
  • Ballaststoffreiches Gemüse, Obst und Vollkorn essen
  • Mind. 30 Min. Bewegung
  • Regelmäßig trinken
  • Bei Stuhldrang Darm zeitnah entleeren, nicht unterdrücken


6. Pneumonieprophylaxe (Lungenentzündung)

Risikofaktoren, die eine Prophylaxe notwendig machen können:
  • Immunschwäche
  • Menschen mit Asthma oder Lungenerkrankungen
  • Rauchen 
  • Bettlägerige Menschen
  • Menschen mit Demenzerkrankung
  • Menschen, die nach einem Schlaganfall unter Schluckbeschwerden leiden

Vorbeugende Maßnahmen:
  • Rauch-Stopp
  • Regelmäßig trinken
  • Bei trockener Luft einen Luftbefeuchter verwenden
  • Zu tiefem Durchatmen anregen 
  • Regelmäßige Bewegung 
  • Räume regelmäßig lüften 
  • Einreibungen (ASE)


7. Obstipationsprophylaxe 
(Verstopfung)

Risikofaktoren, die eine Prophylaxe notwendig machen können:
  • Gerinnungsstörungen
  • Bewegungsmangel
  • Übergewicht
  • Höheres Lebensalter
  • Frühere Thrombosen

Vorbeugende Maßnahmen:
  • Langes Sitzen vermeiden
  • Mehr Bewegung im Alltag
  • Übergewicht abbauen
  • Gemüselastige Ernährung
  • Entstauende Lagerung



8.  Kontrakturenprophylaxe 
(Dauerhafte Bewegungs- und Funktionseinschränkung von Gelenken durch Verkürzung von Sehnen, Muskeln und Bändern)

Risikofaktoren, die eine Prophylaxe notwendig machen können:
  • Entzündliche Gelenkerkrankungen 
  • Bewusstseinsstörungen
  • Nervenlähmungen (zum Beispiel nach einem Schlaganfall)
  • Inaktivität


Vorbeugende Maßnahmen:
  • Mobilisation der Gelenke durch unterschiedliche Bewegungsübungen



9.
Intertrigoprophylaxe (Hautwolf)

Risikofaktoren, die eine Prophylaxe notwendig machen können:
  • Übergewicht
  • Starkes Schwitzen (z. B. bei Hitze oder Fieber) 
  • Mangelnde oder übermäßige Hautpflege
  • Unzureichendes Trockenhalten
  • Reibung durch Kleidung oder Inkontinenzprodukte


Vorbeugende Maßnahmen:
  • Sorgfältige Reinigung und gründliches Trocknen der Hautfalten
  • Verwendung von atmungsaktiver, lockerer Kleidung
  • Auswahl geeigneter Pflegeprodukte
  • Regelmäßige Kontrolle der Haut auf Rötungen oder Reizungen
  • Einsatz von z.B. Mullkompressen zwischen den Hautfalten



10.  Exsikkoseprophylaxe (Austrocknung des Körpers)
Ausreichend Trinken ist das A und O der Exsikkosephrophylaxe
Risikofaktoren, die eine Prophylaxe notwendig machen können:
  • Geringe Flüssigkeitsaufnahme
  • Starker Flüssigkeitsverlust durch länger andauernden Durchfall oder starkes Schwitzen

Vorbeugende Maßnahmen:
  • Regelmäßig trinken undLebensmittel mit hohem Wassergehalt essen
  • Trinkmenge im Blick haben/protokollieren



11.
Parodontitisprophylaxe (Erkrankung des Zahnhalteapparates)

Risikofaktoren, die eine Prophylaxe notwendig machen können:
  • Mangelnde Mund- und Zahnhygiene
  • Erbliche Veranlagung
  • Rauchen
  • Diabetes
  • Psychischer Stress
  • Immunschwäche
  • Bestimmte Medikamente


Vorbeugende Maßnahmen:
  • Rauch-Stopp
  • Gute Mundpflege 
  • Zahnseide oder Zahnzwischenraumbürsten verwenden
  • Ausgewogene Ernährung


So setzen Sie vorbeugende Maßnahmen im Pflegealltag um

Vorbeugende Maßnahmen lassen sich mit einfachen Schritten in den Pflegealltag integrieren und helfen dabei, gesundheitliche Komplikationen zu vermeiden. Der Schlüssel liegt darin, Prävention nicht als zusätzliche Aufgabe zu sehen, sondern sie als festen Bestandteil der täglichen Pflege zu betrachten.

Ein guter erster Schritt ist, die individuellen Risiken Ihres Angehörigen zu erkennen. Beobachten Sie mögliche Warnzeichen wie Bewegungseinschränkungen, Druckstellen oder Veränderungen der Haut und sprechen Sie darüber mit dem behandelnden Hausarzt oder der Hausärztin. Gemeinsam können Sie Maßnahmen besprechen, die speziell auf die Bedürfnisse Ihres Angehörigen abgestimmt sind.

Sobald Sie die Risiken kennen, lassen sich vorbeugende Maßnahmen ganz einfach in die tägliche Pflege integrieren – oft ohne zusätzlichen Aufwand, sondern als natürliche Ergänzung der bestehenden Routinen.
Präventive Pflege als fester Bestandteil im Pflegealltag

Fazit: Präventive Pflege als fester Bestandteil im Pflegealltag

Vorbeugende Maßnahmen sind ein wichtiger Bestandteil der häuslichen Pflege. Sie helfen nicht nur, gesundheitliche Komplikationen zu vermeiden, sondern tragen auch dazu bei, das Wohlbefinden und die Selbstständigkeit Ihrer Angehörigen zu erhalten. Durch die Integration präventiver Maßnahmen in den Pflegealltag können Sie viel dazu beitragen, die Gesundheit Ihrer Liebsten zu fördern und gesundheitliche Risiken zu reduzieren.


💜-liche Grüße 

Prophylaxen im Überblick: Häufig gestellte Fragen

Wie lautet die Definition von präventiver Pflege?

Die Definition von präventiver Pflege lautet: Prävention in der Pflege umfasst Maßnahmen, die darauf abzielen, gesundheitliche Probleme bei pflegebedürftigen Menschen und Pflegenden zu vermeiden, ihre Gesundheit zu erhalten und Risiken zu reduzieren.

Warum ist Prävention in der Pflege so wichtig?

Pflegebedürftige Menschen haben ein erhöhtes Risiko für gesundheitliche Komplikationen wie Stürze, Druckgeschwüre oder Infektionen. Durch vorbeugende Maßnahmen lassen sich diese Risiken verringern, die Gesundheit stabilisieren und der Pflegealltag erleichtern.

Wie können präventive Maßnahmen leicht umgesetzt werden?

Integrieren Sie Prävention in den Alltag: Präventive Maßnahmen lassen sich unkompliziert in den Alltag integrieren. Wichtig ist, sie als festen Bestandteil der täglichen Pflege zu betrachten und gezielt in die bestehenden Routinen einzubinden. Oft genügen kleine Anpassungen, um gesundheitliche Risiken zu verringern und das Wohlbefinden langfristig zu fördern.

Können präventive Maßnahmen auch pflegende Angehörige entlasten?

Ja, denn durch frühzeitige Vorsorge lassen sich akute gesundheitliche Probleme und die damit verbundenen Belastungen verringern. Gezielte Prävention trägt dazu bei, den Pflegeaufwand zu minimieren und den Alltag für alle Beteiligten zu erleichtern.
Zur Autorin

Isabell Jungesblut

EXAMINIERTE GESUNDHEITS- UND KRANKENPFLEGERIN
Als Expertin für Gesundheits- und Krankenpflege bringt Isabell Jungesblut umfangreiche Erfahrungen aus der Akutversorgung aber auch aus der vollstationären Langzeitversorgung mit. Hier im Pflege ABC teilt sie ihr umfangreiches Wissen mit Ihnen, um die Pflege für Sie zu erleichtern.
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